amerikaradlerAls ich am nächsten Tag aufbrechen will, gibt es erstmal einen Hagelschauer. Die Leute vom Hostal versichern mir, daß es sowas das letzte Mal vor 5 Jahren gegeben hätte. Trotzdem packe ich meinen Drahtesel und mache mich auf den Weg. Heute wollte ich die Grenze zu Peru überschreiten und morgen Puno erreichen. Der Grenzübergang gestaltet sich schwierig, zunächst muß man sich auf bolivianischer Seite einen Ausreisestempel im Amt für Migration holen um dann auf der anderen Seite in Peru ein Einreiseformular auszufüllen. Stempel in den Pass und es kann weiter gehen. Leider finde ich in der peruanischen Grenzstadt keinen Geldautomaten und so reise ich mit nur den wenigen am Vorabend in Copacabana getauschten „Nuevos Soles“ weiter. Nach einer halben Stunde kommen mir 2 Radler entgegen. Man hält an und tauscht Informationen aus. Die beiden (er Australier, sie aus den Niederlanden) kommen aus Alaska und wollen noch runter nach Feuerland, dazu sind sie schon 2 Jahre unterwegs. Ich schäme mich ein wenig, daß ich zu Hause wegen meiner 5 Wochen am ganz großen Rad gedreht habe. Die beiden sehen es locker und schenken mir noch ein wenig peruanisches Geld, welches sie nicht mehr benötigen. Wir teilen meine Kekse und sitzen noch eine halbe Stunde zusammen und quatschen. Gut das ich die paar Soles noch bekommen habe, denn bis Puno gab es leider keinen Geldautomaten, zur Not hätte ich aber meine Dollar tauschen können.

gewitterfrontNach einer weiteren Stunde Fahrt verschlechtert sich das Wetter und zu dem schon stark blasenden Gegenwind gesellt sich eine Sturmfront, die sich schnell über den See nähert. Anfangs denke ich noch ich könnte mit Schieben weiterkommen, doch dann reißt der Orkan mir fast das Rad aus den Händen. Schnell flüchte ich mich unter einen Felsvorsprung und warte das Ende der Front ab. Nach einer Viertelstunde ist alles vorbei und ich kann weiterfahren. gewitterfront_wegHmm, die Wetterstatistik sagte für Juli genau einen Regentag voraus, den habe ich dann heute wohl erwischt. Kurz vor dem Ort Juli (welch Ironie, der Ort heißt wirklich so!) gibt es noch mal einen richtigen Schlussanstieg auf über 4000 m.ü.M. und ich muß die letzten Körner verbraten.

Auf Empfehlung der beiden Radler, suche ich ein bestimmtes Hospedaje. Eine alte huzelige Peruanerin macht mir das Tor auf. Alter ist nicht zu schätzen, wahrscheinlich sehen die Menschen aufgrund der Witterungsbedingungen und der stärkeren Sonneneinstrahlung hier älter aus als sie sind. Nach einem "Gespräch" mit Händen und Füßen (mein Spanisch ist einfach schlecht) bekomme ich ein schönes Zimmer, welches in Deutschland sofort von den entsprechenden Behörden geschlossen worden wäre, aber nach den letzten Wochen bin ich ja einiges gewohnt und freue mich über die Windstille und die lauwarme Dusche. Die gute alte Senora läßt mich sogar in ihrer Küche von mir mitgebrachte Pasta kochen. Dazu gibts dann einen ordentlichen Mate de Coca (Tee), einfach Klasse, da fühlt man sich gleich besser. So gestärkt verbringe ich den Rest des Tages (es ist erst 19:00, aber schon stockdunkel und sehr sehr kalt) und die Nacht in meinem warmen Schlafsack.

Am nächsten Morgen bemerke ich, daß die Sonne schon aufgegangen ist, mein Wecker aber erst in einer Stunde schellen sollte. Ah ja, Peru hat dann wohl eine andere Zeitzone. Es ist Sonntag, alle Geschäfte haben auf, LKWs auf den Straßen, eigentlich alles wie immer, nur einige Leute sind schicker gekleidet als sonst. Juli hat natürlich keinen Geldautomaten und nach der Übernachtung (20 Sol = 5 EUR) bleiben mir nur noch Dollares und ein paar Sol Kleingeld.

autowaescheGenial, es ist fast windstill, ich rolle mit fast 20 km/h die Straße entlang. Doch die Freude hält nicht lange an, irgendwann am Vormittag ist er wieder da, mein größter Feind. Sofort reduziert sich meine Geschwindigkeit wieder auf ein Maß, daß es mir schwerfällt den Lenker gerade zu halten. Im nächsten größeren Ort gibt es dann endlich eine offene Bank. Riesige Schlangen überall (es ist Sonntag!), man verweist mich auf den Geldautomaten, der will aber keine Mastercard. eselundbergeAlso schwinge ich mich wieder vor den Augen der staunenden Peruanern auf meinen Drahtresel und weiter geht's. Unterwegs wieder das gleiche Spiel, wie seit 3 Wochen: Kleine Jungen rufen mir immer wieder von den Feldern "Hola Gringo, hola Gringo" zu. Ich versuche zwar des öfteren richtig zu stellen "No soy Gringo, soy Aleman", aber das scheinen sie nicht zu verstehen. Jedes vorbeifahrende Auto hupt einen an, unabhängig, ob die Straße frei ist oder nicht. Da wünsche ich mir schon mal eine Presslufthupe, wie sie bei den Fußballfans beliebt ist.

odeeundradDie heutige Tour war alles andere als vergnüglich, ich habe den ganzen Tag für die 80 km bis Puno gebraucht, mit einem Schnitt von 12-13 km/h (netto). Aber zu guterletzt habe ich Puno erreicht, eine etwas größere Stadt, die auch touristisch erschlossen ist. Nach einem Besuch der Tourist-Information (zum ersten Mal sehe ich sowas hier!) empfiehlt man mir das schöne Biker-freundliche Hotel Velana, in dem ich sehr nett empfangen werde. Es gibt einen abgeschlossenen Raum für mein Rad und das Zimmer hat ein Bad mit einer wirklich heißen Dusche ohne Gefahr gegrillt zu werden. Anschließend finde ich sogar einen funktionierenden Bankautomat und bin jetzt erstmal wieder flüssig. In einem netten Restaurant bestelle ich mir ein leckeres Alpakasteak in Wermutsauce, exzellent!