Anden Radtour 2010
Wir bewegten uns in einer Region der Welt in der es noch viel Armut, unterentwickelte Verkehrswege und knappe Ressourcen gibt. Die für unser Unternehmen so wichtige Versorgungslage mit ausreichend Lebensmitteln, Wasser und Unterkünften war aber jederzeit gegeben. Man kann jedoch europäische Maßstäbe hier nicht anlegen. Viele Unterkünfte waren Schlafplätze mit dem Klo im Hinterhof, das Essen war nahrhaft aber einfach.
Heizungen kennt man hier nicht, die Wasserleitungen waren morgens gefroren und tauten erst nach ein paar Stunden wieder auf, was die im Hinterhof lebenden Familienmitglieder nicht von einem Toilettenbesuch abhielt. Für eine warme Dusche war meist der in Südamerika übliche Duschkopf mit Durchlauferhitzer installiert, eine windige Konstruktion mit zusammengedrehten Kabeln mit Isolierband drumherum. Bei jedem Duschen hatte ich ein mulmiges Gefühl, ob ich bei einer Fehlfunktion nicht doch gebraten würde.
Unser Ziel war es den Altiplano, eine Hochebene zwischen 3600 und 4000 m.ü.M., mit dem Rad von Süd nach Norden zu durchqueren um danach noch ein Stück weiter durch das Urubamba-Tal bis nach Machu Picchu zu gelangen. Dabei würden wir zunächst Bolivien und danach Peru bereisen. Die Schwierigkeiten waren nicht-asphaltierte Straßen, also Sand-, Stein- oder Waschbrettpisten, die große Höhe und der ständig von Norden wehende Gegenwind.
Dazu kam der für diese Jahreszeit außergewöhnlich strenge Winter mit -24° C in einigen Regionen. Aufgrund dieses strengen Nachtfrostes war es uns nicht möglich die Lagunen-Tour (eine ca. 500 km lange Tour im äußersten Südwesten Boliviens entlang von natürlichen teilweise versalzten, lagunenartigen Seen und Geysirfeldern in einer Höhe zwischen 4000 - 5000 m.ü.M.) mit dem Fahrrad zu absolvieren, da es nicht für jede Nacht eine gesicherte Unterkunft gab und für eine Übernachtung im Zelt in dieser Höhe derzeit zu kalt war. Wir entschlossen uns daher eine 3-tägige Jeep-Tour zu buchen. Damit konnten wir die schönen Lagunen trotzdem besuchen und unsere Räder wurden sicher mitgeführt.
Nach Einfahrt in den Nationalpark „Reserva Nacional de Fauna Andina Eduardo Abaroa“ kommen wir an der am Fuße des 5920 m hohen Vulkans Licancabur gelegenen Laguna Verde und Laguna Blanca vorbei. Der inaktive Vulkan mit dem höchstgelegenen Kratersee der Welt war auch schon von San Pedro aus zu sehen und überragte die Atacama-Wüste. An einer heißen Quelle können wir dann ein Bad nehmen, bei dem frischen Wind und den kühlen Temperaturen in über 4000 m Höhe eine echte Herausforderung.
Die außergewöhnlichen Farben der verschiedenen Lagunen beruhen teilweise auf bestimmten Algenarten sowie dem hohen Mineralstoffgehalt. Die sehr widerstandsfähigen Flamingos kann man an einigen Stellen in der Salzlacke stehen sehen. Aufgrund ihrer lederartigen Haut macht ihnen das Salzwasser nichts aus.
Nach dem Besuch des Geysirfeldes (Sol de Mañana) auf fast 5000 m.ü.M. stellen sich bei mir plötzlich starke Kopfschmerzen und Übelkeit ein. Auch die anderen Teilnehmer unserer Gruppe haben Probleme, die ersten Anzeichen einer leichten Höhenkrankheit. Wir fahren weiter zur Laguna Colorada auf 4278 m.ü.M. wo auch unsere Unterkunft für die Nacht gelegen ist. Es handelt sich um Steinsockel, auf die Matrazen gelegt wurden. Abends wird von den hier lebenden Bolivianern indianischen Ursprungs ein Essen serviert. Mir geht es schlecht und ich bekomme nichts runter. Ich gehe früh zu Bett und bekomme Schüttelfrost. Zwei Deutsche aus dem anderen Jeep mit Himalaya-Erfahrung beruhigen mich und sagen ich müßte die Nacht irgendwie überstehen, morgen würde es schon besser gehen. Die Einheimischen bringen mir einen „Mate de Coca“ (Tee aus Cocablättern, welcher in Deutschland verboten, hier aber in Teebeuteln in jedem Supermarkt zu kaufen ist) gegen die Höhenkrankheit. Nach kurzer Zeit beginnt der Tee zur wirken und ich fühle mich schon etwas besser. In den darauffolgenden Tagen verschwinden die Symptome durch Absteigen auf 3600 m.ü.M. und Eingewöhnung wieder.
Am zweiten Tag erreichen wir nach dem Besuch verschiedener Lagunen, welche teilweise von Flamingos bevölkert werden und einer Vorbeifahrt am noch aktiven Vulkan Ollagüe die Ausläufer des Salar de Uyuni, mit mehr als 10.000 km² der größte Salzsee der Welt. Die Nacht verbringen wir in einer Unterkunft direkt am Salzsee, die Sockel der Betten sind aus purem Salz. Ich gehe noch nach draußen und sehe mir den faszinierenden Sternhimmel an. Nirgendwo hat man so einen klaren Blick in den Weltraum, wie in dieser Höhe und bei dieser niedrigen Luftfeuchtigkeit. Erinnerungen an meine Ausbildung als Astrophysiker werden wach.
Der nächste Tag steht dann ganz im Zeichen des Salzsees, wir besuchen noch die in der Mitte des Sees gelegene Insel „Incahuasi“ und fahren über die bis zu 30 m dicke Salzschicht nach Uyuni.
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