Bevor der Bus kommt, habe ich noch genügend Zeit um mein Rad in die trans-o-flex Tüte zu verpacken. Dem Vermittler, bei dem ich das Ticket gekauft habe, reicht das aber nicht und er verlangt noch mal eine Zusatzgebühr von 10 Soles. Ich schüttle nur den Kopf.
lima3Die Fahrt nach Lima ist unspektakulär. Im Busterminal (jede Busfirma hat hier ihr eigenes Terminal in der Stadt) baue ich mein Rad wieder zusammen und montiere auch die Lampen, da es mittlerweile dunkel ist. Dann krame ich die Visitenkarte des Hoteliers heraus, mal sehen ob ich die Straße finden kann. Nach viel Fragen und Herumkurven durch ein paar Stadtteile erreiche ich endlich die Straße. Bisher hatte ich immer gedacht der Argentinier hätte hier ein kleines Hotel, schließlich gibt es Tausende in Lima, doch als ich auf einer Sraßenkreuzung einen 10-stöckigen Bau sehe, weiß ich was das Stündlein geschlagen hatte, es handelt sich um ein fünf-Sterne Hotel. Mir wird ein wenig mulmig, als ich die Hotelauffahrt herauffahre, sonst halten hier wohl nur die Luxuskarossen. Ich gebe dem Consierge die Visitenkarte und er ruft per Handy den Hoteldirektor an. Dieser spricht kurz mit mir: "Hallo Oliver, wieviel Nächte willst Du bleiben...bis Sonntag...kein Problem...Du brauchst nichts bezahlen!" Dann gibt er dem Consierge noch ein paar Anweisungen. Der winkt dem Kofferboy, welcher auch sofort mit einem goldbeschlagenen Gepäckwagen kommt und meine dreckigen Radtaschen auflädt und sie Richtung Zimmer abtransportiert. Ich kann es nicht fassen und biete augenzwinkernd dem Bediensteten, der sonst die fetten Autos in die Tiefgarage fährt, demonstrativ mein Rad zum wegfahren an, dann lachen wir alle mal herzlich und man findet noch einen Platz in einer Gepäckkammer. Das Zimmer ist ein Traum, das Badzimmer die Erfüllung. Ich lasse mir ein heißes Bad ein und verbringe den Rest des Abends damit mich zu pflegen. Ich schlafe wie ein Baby und hoffe das mein einziges Hemd, durch das Hängen auf einem Bügel morgens ein wenig glatter ist.
lima1Das Frühstücksbuffet läßt keine Wünsche offen, der Kellner reicht mir die Stoffserviette. Nach den Erlebnissen und Entbehrungen der letzten Wochen ist das fast zu viel. So gestärkt wende ich mich den notwendigen Dingen zu. Da ich morgen nach Hause fliege, muß ich noch einen Karton für den Rückflug besorgen. Der Consierge weiß da Rat und bestellt mir ein Taxi, das mich zu einer Firma bringt, welche gebrauchte Kartons weiterverkauft. Wir finden einen Karton, der groß genug ist, um meinen Drahtesel samt Radtaschen zu verpacken. Wieder zurück im Hotel kann ich in der Tiefgarage mein Rad verpacken. Dazu muß der Karton in der Größe noch angepasst werden und nachher mit Klebeband ordentlich wieder verklebt werde.
lima2Endlich bin ich fertig und kann noch ein wenig die Innenstadt besichtigen.Mit einem Minibus fahre ich für umgerechnet 35 Cent die 10 km ins Zentrum und wandere ein wenig hin und her, schaue mir einige Kirchen an und den Plaza de Armas. Auf den ersten Blick hat Lima nicht soviel zu bieten, wie die anderen Städte, die ich bisher gesehen hatte. Und scheint es auch nicht ganz so gefährlich zu sein, wie überall beschrieben. Zumindest in den Stadtteilen, die ich durchquert hatte. Allerdings hatte ich wirklich nur einen kleinen nichtrepresentativen Einblick. Ich kaufe noch ordentlich Lebensmittel für den morgigen Tag ein und komme am späten Abend wieder zurück ins Hotel.
Für morgens hatte ich schon früh ein Taxi bestellt, man weiß ja nie welche Probleme noch auf einen zu kommen. Nach dem tollen Frühstücksbuffet packe ich den Rest meiner Sachen zusammen und lasse sie vom Kofferträger abholen. Der Taxifahrer ist auch schon da, leider hat er nicht richtig zugehört und ist mit einem normalen PKW gekommen, mit dem man natürlich den großen Karton mit dem Rad nicht transportieren kann. also muß sein Kollege mit einem anderen Wagen kommen. Der bringt mich dann fix zum Flughafen. Am Flughafen kommt direkt ein Kofferträger und lädt mein ganzes Gepäck auf, nachher will er für die 100 m ins Terminal 10 Soles haben (Noch mal zum Vergleich: 10 km Busfahrt = 35 Cent!). Ich gebe ihm 5 und er zieht seiner Wege andere Opfer suchen.
Aber es geht weiter. Ich reihe mich in die Schlange ein, endlich am Schalter heißt es ersteinmal, diesen riesigen Karton könnten sie nicht mitnehmen. Ich kontere, ich wäre ja auch mit diesem Karton von Düsseldorf mit der Iberia angereist. Langes hin und her. Dann wird der Karton geöffnet und ich muß alles wieder auspacken. Ein Mann kommt mit einem Hund, der schnüffelt etwa 10 min an meinem Fahradrahmen, dann gehen die beiden wieder, kommen aber schon nach 2 Minuten zurück und der Hund darf wieder am Rad schnüffeln. Ich dreh auch bald am Rad. Dann darf ich alles wieder einpacken, glücklicherweise hatte ich das Klebeband nicht verpackt und kann den Karton jetzt wieder zukleben.
Also zurück zum Schalter, nun ist eine Gebühr von 75 $ fällig. Natürlich nimmt man hier keine Kreditkarten und ich muß erst zum Geldautomaten, der meine Mastercard sogar annimmt, keine Selbstverständlichkeit. Ich gebe der guten Frau 80 US$, sie sagt daß sie nicht rausgeben kann. Mir schwillt der Kamm. Mit einem verschmitzten Lächeln sagt sie, sie würde mir aber am Gate beim "boarding" die 5 $ geben, wer es glaubt...
Ich ziehe von dannen und erinnere mich, daß ich mal etwas von einer Ausreisegebühr gehört hatte. Durch ein wenig Recherche erfahre ich, es sind 31 $. Ich schaue in meinen Geldbeutel und oh Wunder, es fehlen genau 5 $. Es ist zum Mäuse melken. Wieder zurück an den Geldautomaten, nochmal 20 $ ziehen. Man hat für die ausländischen "Gäste" extra einen speziellen Schalterraum mit 10 Schaltern eingerichtet, in dem die Gebühr zu entrichten ist, das nenne ich guten Service.
Am Gate bekomme ich dann eine Quittung über die Gebühr für den Radtransport, von meinen 5 $ natürlich kein Spur. Ich rege mich auf und die Bedienstete am Gate telefoniert. Mittlerweile steigen alle Passagiere ins Flugzeug. Zu guterletzt kommt ein Mann angeschlendert, meinen 5 $ Schein wedelnd in der Hand und grinst dabei süffisant, als wollte er sagen: der stellt sich aber an wegen den 5 $, jetzt muß ich extra dafür hierherlaufen. Ich verkneife mir eine Bemerkung nehme den Schein und "boarde" endlich.
Als die Maschine abhebt, löst sich meine Anspannung und ich bin froh wieder nach Europa zurückzudürfen. Erst durch solche Erfahrungen lernt man auch mal unser verläßliches Rechtssystem, die vielen Bestimmungen und Verordnungen, die uns Sicherheit geben, zu schätzen.